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Zen-Meditation und Achtsamkeit

Sieben Grundelemente des Zazen

"Wankelmütig und unstet, ist der gewöhnliche Geist ständig eine Beute von äusseren Einflüssen, Gewohnheiten und Konditionierungen. Die Meister vergleichen ihn mit einer Kerzenflamme in einer Türöffnung, anfällig für sämtliche Winde der Umstände!"
Sogyal Rinpoche
Im Folgenden möchte ich sieben ausgewählte Grundelemente mit einigen kurzen Erläuterungen vorstellen. Sie dienen einem praktischen Überblick zur Orientierung und weisen auf wichtige Bezugspunkte im Raum des Gewahrseins während dem Zazen. Diese Elemente sind nicht abgegrenzt und für sich allein stehend, sondern miteinander verbunden. Sie geben die Möglichkeit das Erfahrungsfeld zu ordnen und der Achtsamkeit Schwerpunkte anzubieten. Sie verdeutlichen auch etwas vom fließenden Fokus des Geistes während dem Zazen, da ein oder mehrere Elemente gleichzeitig als „Arbeitsbereiche“ im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sein können.
Übersicht

Körperhaltung


Die sitzende Körperhaltung ist Ausdruck des wachen Geistes
Die aufrecht entspannte Körperhaltung wird zur ersten und wichtigsten Orientierung und Ausrichtung des Geistes. Auf einem festen Kissen (oder einem Stuhl) sitzend wird der „sitzende Körper“ ins „Lot“ eingependelt und nach unten und oben ausgerichtet. Es entsteht ein Prozess der Polarisierung in der gesamten Körperstruktur.

Das aufrechte Sitzen ist nicht statisch, sondern ein permanent dynamischer Prozess und Gegenstand der Wahrnehmung. Ein nie endender Prozess an ein nie erreichbares Ideal und ein Spiel mit der Schwerkraft im Bezug zur Erde.

Dabei geht es nicht um die „richtige“ Körperhaltung an sich, sondern, die jedem Menschen eigene aufrechte (aufrichtende) Haltung, die es ihm erlaubt, vollkommen zu entspannen, loszulassen und dennoch kraftvoll und wach zu sein.
Ein achtsames Gewahrsein des sitzenden Körpers verkörpert die Balance von Aktivität und Passivität, von Erregung und Hemmung.
Entspannung und Loslassen sind im aufgerichteten Körper der zentrale Fokus unserer Bemühung.

In diesem offenen Prozess lösen sich sanft die Verkrustungen der Körperstrukturen dadurch, in dem Bewusstseinsenergie in den Körper hinein absorbiert wird. Erstarrte und eingefrorene Energie kommt dabei langsam und angemessen ins Fliessen.
Sitzen ist die Mitte von Liegen und Stehen und verkörpert einen wachen klaren Geisteszustand zwischen Aktivität und Schlaf.

Ausbalanciertes Sitzen ist höchst ökonomisch, um längere Zeit einen Zustand von Konzentration und innerer Präsenz aufrecht zu erhalten und den Geist zu beruhigen.

Viele Buddhas werden in der Gestalt als „sitzende Buddhas“ dargestellt. Im „gesetzten“ Buddha kommt das Geheimnis der „Sitz-Meditation“ zum Ausdruck, mit dem Wissen, um die Verbindungen von Körperhaltung und dem Zustand des Geistes. Der „sitzende“ Buddha verkörpert den „erwachten“ Geist. Zazen versteht sich meinem Verständnis nach, als die verkörperte Aktivität des erwachten Buddhageistes.

Atmung

Achtsames Atmen ist eine Zuflucht des Geistes und Balsam für den Körper
Ein weiterer sehr zentraler Bezugspunkt während dem Zazen ist das achtsame Atmen. Dabei geht es nicht um eine besondere Atemtechnik, sondern das Atmen wird einfach wahrgenommen ohne es eigentlich zu beeinflussen.
In einer ersten Phase gilt es das Atmen zu entdecken und zu bemerken, wie er den stillen Körper bewegt, ihn lebendig macht und sich eine natürliche Nähe zum Atmen einstellt. Den Atemstrom achtsam begleiten ohne ihn dadurch zu beeinflussen, ist eine schwierige Herausforderung selbst für länger Praktizierende. Unser bewusster Geist hat die Neigung, sich sofort in den Ablauf des Atmens einzumischen, sobald er ihn schon nur wahrnimmt. Den ergreifenden (manipulierenden) Geist zu veranlassen, loszulassen und gleichzeitig achtsam am Atem zu bleiben, braucht lange Zeit! Es ist wie das Zähmen eines wilden Ochsen, wie es in einer alten Zen-Geschichte zum Ausdruck kommt.

Aber unabhängig wie gelassen der Ochsen-Geist schon „gezähmt“ ist, bewusstes Atmen wird jederzeit zu einer Zuflucht des in Gedanken verlorenen Geistes. Für den Verstand, als Generalstab des Ego, der immer am kontrollieren, denken, etwas machen, suchen oder manipulieren ist, erscheint dies recht langweilig und die Bereitschaft, sich darauf einzulassen, eine ziemliche Herausforderung.

"Ein Mönch atmet ein und weiss, dass er einatmet. Ein Mönch atmet aus und weiss, dass er ausatmet. Der Mönch hat einen langen Atem und weiss, da ist ein langer Atem. Der Mönch hat einen kurzen Atem und weiss, da ist ein kurzer Atem."
Buddha


Mit den Erfahrungen des bewussten Atmens und dem allmählichen Öffnen körperlicher Atemräume, werden Körper und Geist subtil besser aufeinander abgestimmt und eine natürliche Bauchatmung verankert sich. Die Auswirkungen dieses Prozesses auf unsere gesamte neuro-biologische Struktur oder buddhistisch ausgedrückt, auf Körper, Rede und Geist, sind integrierend und harmonisierend. Unser feinstofflicher Energiekörper zentriert und entwickelt sich dabei zunehmend.

Im „Zurück-beziehen“ (Zuflucht) auf den Atem entsteht für mich auch ein existenzieller spiritueller Prozess. Die Einstimmung auf den Odem wird zur re-ligio, einem ur-religiösen Moment, einem Rückbezug auf die innere Lebendigkeit und damit auf sich selbst in seiner Soheit. Im Rhythmus des Atmens spiegeln sich alle unsere Geisteszustände und Haltungen. Je natürlicher achtsames Atmen geworden ist, um so heilender und kraftvoller werden solche Momente, um so versöhnlicher und friedvoller wird es im ganzen Körpergeist – Geistige Zustände tiefer Biobalance!

Unbewegtheit

In der achtsamen Unbewegtheit werden Körper und Geist zur Stille befreit
Unbewegtheit ist eines der zentralen Konzepte des Zazen und einer, der dynamischsten Faktoren im gesamten Prozess. Die Praxis des langen unbewegten Sitzens entwickelt eine tiefe Dynamik, insbesondere, wenn erhöhte Achtsamkeit gleichzeitig mit der Atempause am Ende des Ausatmens verbunden wird. Der unbewegte Körper initiiert den unbewegten Geist und die daraus entstehende Stille des kleinen persönlichen Geistes öffnet für die Stille des grossen Geistes.
Zazen entwickelt einen verkörperten Geist
Alle gedankliche und emotionale Unruhe spiegelt sich in den Aktivitäten und Spannungen des Körpers. Vielleicht kann man sagen, der Körper ist „geronnener“ Geist. Dem Begriff „Körper“ haftet in unserer kulturellen Gewohnheit leider stets etwas all zu „physisches“ an. Dadurch werden unangemessene Vorstellungen von etwas Mechanischem und Statischem erweckt, die der lebendigen Erfahrung nicht gerecht werden. Körperliche Erfahrungen sind lebendige geistige Erfahrungen. Das Spannungsfeld körperlicher Befindlichkeit spiegeln deshalb seelisch-geistige Prozesse mit all ihren Fixierungen und Erstarrungen. Der „Körper“ wird zur „verkörperten“ Unruhe eines zerstreuten und nervösen Geistes.

Mit der Achtsamen Unbewegtheit des Körpers werden innere zwanghafte Flucht-Bewegungen unterbrochen und auf sanfte Weise als innere Unruhe ins Bewusstsein gebracht. Erst das stille Sitzen offenbart die hektischen, sprunghaften Aktivitäten des Geistes, der oft mit dem Bild eines aufgeregten Affen verglichen wird. Die Erlebnisse von „schlechter“ Konzentration werden deshalb meist falsch gedeutet. Da wir uns jenseits von Leistung orientierten Schematas bewegen, wird Unkonzentriertheit nicht als Fehlleistung interpretiert, sondern als Klärungsprozess verstanden. Erst diese Unterbrechung durch Innehalten, kann sanft diese Unruhe mit ihren zugrunde liegenden Konflikten und Blockierungen in einen selbstregulativen Prozess verwandeln. Ohne Bemühung um achtsame Nicht-Bewegung würde dies nie so deutlich werden.
Diese Unbewegtheit ist nicht mit Starre zu verwechseln, sondern als einen Raum, einem Raum der Stille, in dem sich achtsames Gewahrsein entfaltet.

Bewegungen werden immer feiner erspürt und wahrgenommen. Die Erfahrung von Nicht-Bewegung und Bewegung ist relativ wie auch die von Stille und Laut. Es ist wie Eintauchen in eine gewahrsame Stille, in einen Raum zwischen und hinter die Gedanken und Wahrnehmungen. Die Welt der Gedanken wird still wie in einem Moment der Windstille nach einer Sturmböe, wie der zeitlose Moment, wenn ein Hirsch auf die Lichtung tritt, vollkommen regungslos einfach Da steht und lauscht. Ein Moment grenzenloser Gegenwärtigkeit, bis ein Gedanke sie durchbricht und wieder seine trennende Wirkung entfaltet und etabliert.

Dieses regungslose Sitzen ist ein Generator achtsamen Geistes, je tiefer die Regungslosigkeit, umso klarer wird alles, was ist und geschieht, gefolgt von tiefer Wachheit und Entspannung – im Körper, im Geist, wo auch immer. Die Grenzen verwischen.


Manchmal sitzt man einfach wie ein Berg (eine traditionelle Zazen Anweisung), geniesst Zeitlosigkeit und vorbeiziehende Wolken! Hier bin ich(?) und die Welt, was sie ist und immer sein wird – Hier ist Welt - So.
"Was also ist Meditation? Der Zustand, in dem du völlig still bist, völlig stabil und völlig offen. Du sitzt wie ein Berg, du bist wie der Himmel."
Sogyal Rinpoche

Augen

Die Augen sind offen!
Die Augen sind während dem Zazen geöffnet! Darin kommt zum Ausdruck, dass Zazen kein nur nach Innen gerichteter Trancezustand ist, sondern ein Geisteszustand von Innen und Außen, der mit zunehmender Vertiefung zu einem „weder Innen noch Außen“ wird.
Unsere Augenbewegungen spiegeln unsere Denkprozesse! Werden sie entspannt auf einen Punkt gerichtet, achtsam mit dem Atmen verbunden, werden Denkprozesse verlangsamt, Gedankenketten unterbrochen und der freie Raum des Gewahrseins öffnet sich.

Finden die Augen einen Ruhepunkt, so verlagert sich die Wahrnehmung tiefer nach Innen und tiefere Gedankenmuster oder ihre Auswirkungen erscheinen im Licht des Gewahrseins. Gleichzeitig wird ein Augenruhepunkt das Bemerken von „in Gedanken versunken sein“ erheblich erleichtern. Der „innere Film“ kann leichter bemerkt werden und den „Ausstieg“ ermöglichen.
Der Ruhepunkt vertieft die Wirkung der unbewegten Haltung
Das Ruhigstellen der Augen ist eine konsequente Erweiterung der Unbewegtheit, sensibilisiert zur tieferen Entspannung des Geistes und befreit vom zwanghaften sich bewegen müssen, um sich überhaupt zu spüren oder inneren Konflikten aus dem Wege zu gehen. Unterdrückte Konflikte binden Energie und schränken die Entwicklung von Wachheit und Achtsamkeit ein.

Dieses Innehalten der Augen ist wie das Innehalten der körperlichen Bewegungen, kein absoluter Prozess, denn jedes Erkennen auf irgendeiner Ebene ist mit Bewegung verbunden. Jenseits der üblichen Schablonen, geht es um ein tieferes und auch feineres Wahrnehmen, eine Annäherung an die Struktur unserer Erfahrung, wie wir „Welt“ erfahren und erleben, ihres Erscheinens, ihrer Dauerhaftigkeit, ihrer Auflösung und ihres Verschwundenseins, kurz, um ihr Kommen und Gehen und dem Erkennen ihrer Substanzlosigkeit.


Sinnliche Wahrnehmung insbesondere, was wir sehen, betrachten wir unreflektiert als einen materiellen Prozess, weil wir Dinge, die wir sehen für Real halten. Wir gehen von einem Beobachter aus, der ein Objekt sieht. Zazen ermöglicht die Erfahrung zu erkennen, dass wir sowohl der Sehende wie das Gesehene sind und eigentlich den Sehprozess also das Sehen selbst sind.

Unsere natürliche Tendenz der Vermaterialisierung sinnlicher oder sensorischer Wahrnehmung verschleiert die Erfahrungstatsache, dass anscheinend solide „Dinge“ geistige Erscheinungen sind. Eine materielle Welt als erste Ursache wird nicht mehr haltbar. Es ist der Eine Geist, der sich in den zehntausend Dingen spiegelt.
Sehen ist Nicht-Sehen

Erdung

Im Aspekt Erdung drückt sich unter anderem auch das Erdhafte des Zazen aus. Bei der Übersicht der sieben Grundelemente wird deutlich, dass fünf der sieben Aspekte sich direkt mit der Erfahrung unserer körperlichen Erscheinung befassen, obwohl Zazen ja ein höchst geistiger und spiritueller Prozess zum Ausdruck bringt. Da wir immer mit dem ganzen Körper sitzen, uns im Körper niederlassen und einlassen, und ihn mit Achtsamkeit und Gewahrsein damit „erwecken“, könnte man Zazen auch „verkörperter Geist - vergeistigter Körper“ nennen, eine Haltung von gespannter Gelöstheit und gelöster Spannung.

In der aufrechten Haltung des Körpers fließen die Energien sowohl von unten nach oben, als auch von oben nach unten. Dem natürlichen Schwerpunkt des sitzenden Körpers entsprechend, liegt seine Mitte im Unterbauch. Diesem Schwerpunkt folgend, wird das Bewusstsein nach unten verlagert und durch eine konsequente Bauchatmung verankert.

Zentrierung, Loslassen, die Beziehung nach unten zur Erde und hinein in die körperliche Präsenz, sind in den ersten Jahren der Zazen-Praxis wesentlicher Teil der Orientierung und Erfahrung.


Die Erlösung der üblichen Kopflastigkeit mit der scheinbar soliden Konstruktion einer Trennung von Körper und Geist, offenbaren eine Lebendigkeit und Frische, die unser Menschsein verwandelt. Eine Folge vom Verlust der „Kopf“- Dominanz, zeigt sich in der Offenheit, im Entdecken und Staunen über eine Welt, die fortwährend Lebendigkeit vermittelt.

Eine „gute“ Erdung zeigt sich mit dem aufkommenden Gefühl getragen und verbunden zu sein oder des “in sich Ruhens“. Diese Zustände sind nährend, wirken heilend und fördern die Verankerung einer lebendigen Verbindung mit Mutter Erde und allen lebenden Wesen. Sie sind Impulse zu einer tieferen körperlichen und seelischen Integration.

JA-Haltung

Mit der Ja-Haltung erschaffen wir bewusst eine neutrale Haltung, die sich mit zunehmender Praxis etabliert und vertieft. Sie ist Ausdruck eines nicht-korrigierenden Geistes (R. Baker Roshi) und macht Zazen zum Zazen! Ganz konkret kommt sie mit einem Wort oder Satz zum Ausdruck, das ich als „Zauberwort“ bezeichnet habe.

Der „nicht-korrigierende“ Geisteszustand ist frei von der Tendenz zu bewerten, geht aber darüber noch hinaus, im Sinne eines Nicht-Eingreifens in das, was im Erfahrungsfeld auftaucht.
Ein bedingungsloses Gewahrsein ohne Vorlieben und Abneigungen.

Ein großes JA zu allen kleinen Ja`s und Nein’s, zu meinen Vorlieben und Abneigungen ohne mich ihnen auszuliefern, ohne mich zu identifizieren.
Erst die Freiheit, wahrzunehmen ohne handeln zu müssen, öffnet die Wahrnehmung für Dinge, die sonst nicht bemerkt werden.. Beispielsweise einen zwingenden Flucht-Impuls, ein „juckendes Knie“! Taucht dieses Jucken im stillen Raum der Unbewegtheit auf und steht ein Kratzen überhaupt nicht zur Frage, verliert es sein Interesse zu „jucken“. Ein darauf vielleicht auftauchendes Gefühl von z.B. Verletzlichkeit oder Traurigkeit oder Wut, konnte erst dadurch auftauchen und sich dann durch das neutrale Gewahrwerden auflösen.

Die Ja-Haltung ist eine Verankerung von grundlegender Akzeptanz zu allem, was im Bewusstsein auftaucht. Sie verwandelt diesen menschlichen Geist in ein „Gästehaus“. Hat sich diese Haltung einmal gefestigt, wirkt sie tief und nachhaltig in alle Schichten von Geist und Körper.


Auf unterschiedlichen Ebenen beginnt sich der ganze Ego-Komplex zu verändern. Die Fixierungen auf unsere Vorlieben und Abneigungen relativieren und lockern sich mit all den damit verbundenen Ängsten und Vermeidungen. Sie kommen unspektakulär ans Licht, werden bemerkt, erkannt und gelassen.

Von jenseits unserer Vorlieben und Abneigungen beginnt der nicht-bedingte Geist mehr und mehr in unsere Erfahrungsqualitäten hinein zu schimmern, zu wirken und erwecken Wunsch und Sehnsucht tiefer mit ihm in verbunden zu sein. Diese unkontrollierbaren Momente begleiten ein Gefühl von Heimkommen und bewirken subtile Veränderungen, die sanft unsere begrenzten vertrauten Selbst-Gefühle oft unmerklich verwandeln.

Achtsamkeit

Achtsamkeit ist das Grundelement, das allen anderen ihre Bedeutung gibt. Ohne Achtsamkeit gibt es keine Wahrnehmung der Körperhaltung, des Atmens, der achtsamen Unbewegtheit des Körpers und Geistes, der Augenbewegungen, des Geerdet-seins und der Entfaltung des nicht-korrigierenden Geistes.

Achtsamkeit ist die Herausforderung der täglichen Praxis wie für die Entwicklung des Gewahrseins!

Wir haben in der Regel nicht gelernt uns für die Achtsamkeit zu entscheiden und auch die Fähigkeit nicht entwickelt über einen längeren Zeitraum Achtsamkeit aufrecht zu erhalten. Unsere übliche Konzentration unterscheidet sich dadurch, dass sie meist Interesse geleitet, von kurzer Dauer, punktuell und anstrengend ist. Meist, wenn das Erwünschte erreicht ist, schaltet sich Konzentration ab und der Geist muss sich erholen oder zerstreuen und gibt sich wieder seinen achtlosen Gewohnheiten hin. Dann gleiten wir wieder in den eher halbwachen träumerischen Zustand und lassen uns sehr gerne von allen möglichen Aussenreizen ablenken oder anziehen. Nur wenige setzen ihre Konzentration rein willens-orientiert ein oder bleiben in einem gesammelten Zustand, der eine gewisse Entspannung braucht.

Sowohl im Alltag wie beim Zazen, braucht es immer wieder die Entscheidung zum Achtsam sein. Nur allmählich wird ein Teil davon automatisiert und wird zur Gewohnheit. Bis dahin braucht es Entschiedenheit, die dazu führt, dass die vielen wiederholten Entscheidungen zur Achtsamkeit eine Gewohnheitstendenz entwickeln. Überlassen wir den gewöhnlichen Geist nur sich selbst, dann hört er nie mit seinen sich selbst erzählenden Geschichten auf. Und sind keine Außenreize da, die ihn erregen oder stören, überkommt ihn Langeweile, die ihn vermehrt nach Reizen hungrig macht. Dabei geht es in der Regel nur darum, sein gewohntes Gefühl von Lebendigkeit wieder herzustellen. beim Beim Zazen können sogar die körperlichen Schmerzen diese Aufgabe erfüllen. Der große japanische Meister Dogen bezeichnete „dösen“ als Kuhmist kneten.

Achtsamkeit ist das Salz des lebendigen Geistes. Der Begriff „Achtsamkeit“ meint hier eine entspannte Konzentration, die sich von einer angespannten, im Alltagsbewusstsein eher gestressten und Problem fixierten Konzentration sehr unterscheidet. Im Zazen geht Achtsamkeit mit einem entspannten, offenen und „wachen“ Geist einher, der ein „fortgesetztes Bemerken“ ist. „Fortgesetzte Achtsamkeit“ wiederum entwickelt Gewahrsein, das einem stillen Strömen des Geistes gleichkommt.

Es ist die Bemühung um Achtsamkeit, die eine katalytische Wirkung des Sitzens entfaltet. Dabei kommt es nicht darauf an, wie „gut“ ich achtsam bin, sondern, dass ich achtsam bin und mich immer wieder darum bemühe. Dieses wiederholte Bemühen kreiert eine neue Gewohnheit des Geistes!


Angesichts unserer vielen eher schlechten geistigen Gewohnheiten, entwickelt sich hier eine, die neue Horizonte setzt. Die Achtsamkeit im Alltag mit all den tausend kleinen unbewussten Aktivitäten kann dann zu einem unbegrenzten Praxisfeld werden. Das „sitzende“ Zazen ist ein Kraftwerk für Gewahrsein, der Alltag für Achtsamkeit, wenn die Kraft durch Zazen dabei aufgebaut wird. Wenn man erst verstanden hat, worum es geht, kann der Alltag eine wichtige Ressource zur Bewusstseinsentwicklung werden.

Konzentration ist eine gerichtete Bewusstseinsenergie, ähnlich dem Strahl einer Taschenlampe. Sie verwandelt sich in Gewahrsein, wenn Achtsamkeit länger aufrecht erhalten bleibt. Sie dehnt sich gleichsam aus und wird zu einem Bewusstseins-Raum, in dem alles gleichzeitig wahrgenommen wird. Vielleicht ist es vergleichbar, wenn ich mir vorstelle, in einen dunklen Kellerraum zu gehen. Zunächst leuchte ich mit eng eingestellter Taschenlampe in diese oder jene Richtung. Dabei bleibt immer eine Seite im Dunkel. Stelle ich die Lampe dann auf den Boden, weite den Strahl und leuchte zur Decke, wird der ganze Raum erkennbar, wenn auch weniger hell. Damit stellt sich ein gleichzeitiges Erkennen von allem ein, was sich in diesem Raum befindet, wenn auch weniger deutlich, aber – ohne an einem Detail zu haften.

In weiteren Phasen werden auch die Inhalte des Gewahrseins weniger bedeutsam und das Gewahrsein selbst als ein Geschehen tritt in den Vordergrund. Ich sehe nicht, sondern bin Sehen, ich höre nicht, sondern bin Hören, ich fühle nicht, sondern bin Fühlen. Dies öffnet den Raum der non-dualen Erfahrung, in dem sich sehen in nicht-sehen, hören in nicht-hören, fühlen in nicht-fühlen transformiert.

Der Beobachter ist das Beobachtete und das Beobachten in Einem. Die Trennung von Beobachter und Objekt löst sich auf und das Ich/Selbst wird als Konzept des „getrennten Selbst“ erfahren. Im Grunde unwirklich und nur im konventionellen Denken relevant, in dem Ich und Du (Nicht-Ich) als Dualität erscheinen. Was im Alltagsbewusstsein praktisch und offensichtlich erscheint, weil Denken immer dualistisch funktioniert, löst sich beim genauen Hinschauen auf als eine Verkennung der Realität an sich.

Im Zustand tiefer Versenkung (Samadhi) transformiert sich der individuelle Geist. Samadhi ist ein Selbst-loser Zustand, in dem das „reflektierende Bewusstsein“ auf dem das „Selbst“ aufgebaut wird, ruht, wie in einem stillen See ohne Wellenbewegungen. Ein Zustand, der am besten mit Nicht-Ich oder Nicht-Selbst bezeichnet werden kann. Ein wesentliches Axiom der Lehre Buddhas ist die Lehre des Nicht-Selbst.
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